ViennArt 2009

WIENER GERÜCHT. DAS PRIVATE UND DAS ÖFFENTLICHE.

Eine Themenausstellung mit Wienbezug im MUSA,
8. – 15. Oktober 2009

Gefragt sind Beiträge, die auf das Phänomen des Gerüchts, sein zwielichtiges Dasein zwischen dem „Privaten“ und „Öffentlichen“ reflektieren, und zwar mit besonderem Augenmerk auf die Wiener Gesellschaft.

Der Call ergeht an die KünstlerInnen aus eop sowie an weitere geladene KünstlerInnen, die am interdisziplinären Ansatz des eop-Netzwerks Interesse haben.

Einreichungsschluß 1. Juli 2009

Einreichung der Unterlagen per Mail bis 1.Juli 2009 an helga.koecher@chello.at

Die Einreichung soll gute jpgs der vorgeschlagenen Arbeit sowie einen kurzen Text dazu und eine Kurzbiographie beinhalten.

Wer „on demand“ arbeitet, also eine neue Arbeit für die Ausstellung entwickeln will, kann natürlich kein Foto der Arbeit schicken. Die Beschreibung muss jedoch in diesem Fall besonders klar und aussagekräftig sein.

Im Laufe des Juli wird aus den eingereichten Arbeiten in zwei Jury-Sitzungen die Auswahl durch den Kurator des Essl-Museums Günther Oberhollenzer und Lucas Gehrmann getroffen.

Angela Schwank und Brigitte Konyen, die für das Ausstellungskonzept verantwortlich sind, haben folgende inhaltliche Begriffslandschaft zusammengetragen:

Eckpunkte und Stichworte zum Thema:

„öffentlich“ und „privat“

Die Gegenüberstellung von ”öffentlich” und “privat” beinhaltet zwei Gegensatzpaare:
“universal/kollektiv” versus “partikular/individuell”
“offen” versus “verborgen/heimlich”

damit zusammenhängend:

der Begriff der ”Öffentlichkeit” / Publizität / Publikum / “kritische Öffentlichkeit” / das “Geheimnis” als Gegenbegriff und politisches Gegenmodell von ”Öffentlichkeit” / das Geheimnis als das Verborgene / die Privatsphäre / die Unterscheidung öffentlicher und privater Räume

Problemfelder u.a.:

die Bedrohung der kritischen Funktion von Öffentlichkeit / Privatheit contra Öffentlichkeit / “Terror der Intimität” / Gerücht und Geheimnis / öffentliche und un-öffentliche Angelegenheiten / Veröffentlichung des Privaten, Privatisierung des Öffentlichen / wertende Gegenüberstellungen von ”öffentlich” und “privat” / der Privatmann als Idiot / der unverschämte Staat / der gläserne Mensch / das Ideal des Öffentlichseins / Berufsleben und Teilhabe am öffentlichen Leben

Gerücht

Klatsch und Gerüchte geben Einblicke in “Geheimnisse”, sie lüften “Wahrheiten” über Dinge, die im Verborgenen liegen. Wesentlich ist dem Gerücht die Unverbürgtheit der Nachricht, Information oder Meinung, die es verbreitet.

Klatsch als Bezugsquelle soziales Wissen und als Medium sozialer Strategien / umlaufendes Gerede / die berüchtigte Person, die berüchtigte Gegend / Promotion via Klatsch / Stilisierung oder Stigmatisierung von Personen / Abgrenzung zu “den anderen” / berühmt sein dafür, dass man berühmt ist / Gerüchte und Massenmedien / der Kampf um die kollektive Aufmerksamkeit / das Spektrum der Enthüllungen: Klatschgeschichten, Berichte über Merkwürdigkeiten, Deutungen von Ereignissen, Voraussagen zukünftiger Geschehnisse / das Internet / Quellenunsicherheit und Zeitnot / die Wirksamkeit von Gerüchten in Politik und Wirtschaft / “buy on rumours, sell on facts” / die Verführung durch Gerüchte / Party-Gerüchte / Gerüchte und Seuchen / Verschwörungstheorien / der Charm des unverbürgten Wissens / “Gerüchte sind gefährlicher als die Wahrheit!” / ein Gerücht wird Faktum, ein Faktum wird Gerücht / das “unbestätigte” und das “bislang nicht dementierte” Gerücht / Gerücht und Skandal

Wiener Gemüt und Gerücht

“Sie sprechen gern ein wenig schlecht voneinander. Aber sie verhalten sich skeptisch zu der schlechten Meinung, die sie von anderen haben. Das stimmt sie gewöhnlich versöhnlich.” (Friedrich Bergammer)

“Der Wiener Schmäh ist der den Bewohnern Wiens zugesprochene Humor oder der damit verbundene Gemütszustand: oft etwas melancholisch oder morbid, humoristisch-verharmlosend, mitunter leicht arglistig und boshaft, oft grantelnd (misanthropisch), meist freundlich. Das Wort könnte mit dem jiddischen Wort schmeicheln (lächeln) verwandt sein.” (Wikipedia)

So sind die Wiener (..um nicht zu sagen: es ist ja allgemein bekannt, dass sie so sind):
Nicht gerne direkt, immer ein bisserl um alles herumreden… Sich lieber ein bisserl kleinmachen als zu selbstbewusst auftreten und die beneiden und schlecht reden, die es zu was bringen…

Kann man sagen, dass der Wiener Gemütszustand ein guter Nährboden für Gerüchte ist?

Und gibt es für Wien „typische“ Gerüchte, die besonderer Ausdruck wienerischen Lebensgefühls und wienerischer Kultur sind? Würden Wiener den Wienern eine besondere Neigung zum Gerücht attestieren?

der gute Nährboden für Gerüchte:

stereotype Vorurteile / Feindbilder / Moral / persönliche Frustration / Neid / Geltungsdrang / Ängste und Aggressionen: das Gerücht hat eine Art Ventilfunktion / Verdächtigungen / Verdrängungen / Wunschvorstellungen / Glaubensverlangen / Lust am Drama / das Gefühl, aus den offiziellen Quellen falsch oder unvollständig informiert zu sein / selektive Wahrnehmung (Unbekanntes, Fremdes wird vernachlässigt, Bekanntes überbetont bzw. überbewertet) / Missverständnisse und Unverständnis / schlechte Zeitungen / Verdachtberichterstattung und spekulative Tatsachenbehauptung / fehlende Sachkenntnis / Mehrdeutigkeiten und Übersetzungsfehler / der Wunsch nach Auflösung kognitiver Dissonanzen