Entscheidungen hörbar machen – neue Spuren

Entscheidung erfordert die Bereitschaft zur Wahrnehmung, das Einüben der Fähigkeit dazu.
Hören auf die Vielzahl von Tönen und Zwischentönen
Hören auf die Erkenntnisse aus der Vergangenheit und die Schwingungen der Gegenwart.
Hören, was Menschen bewegt, sich zu entscheiden. – Hören wir aufeinander?
Sind wir bereit, auch neue Töne zu hören? Öffnen wir uns dem Kommenden?

“fantasia en echo | they also serve who only stand and wait”

Hommage an den blinden Komponisten Jacob Van Eyck Musik und Performance, unter Verwendung von Motiven von Van Eyck und Texten von John Milton.

Pia Palme, Feedbacktubes, Elektronik Yoshie Maruoka, Performance Gina Mattiello, Stimme

Das Stück ist ein technisch und strukturell ausgeklügeltes Werk, das auf mehreren Ebenen das Thema des Horchens ins Innere und der Resonanz behandelt. Gespielt wird das Stück auf einer Feedbackröhre nach einem von der Komponistin entwickelten Verfahren, das raumunabhängig intonierbare Feedback-Klänge ermöglicht.

Jacob Van Eyck (ca. 1589 – 1657) war einer der bemerkenswertesten Vertreter der blühenden holländischen Musikszene des Frühbarock: blind geboren, weithin bekannt als Fachmann für Glockenspiel und Glockengießerei, angesehen als Organist, Komponist und Blockflötist. An seinem Todestag läuteten in Utrecht sämtliche Glocken drei Stunden lang.

Pia Palme, Blockflötistin und Komponistin, setzt sich mit den Mitteln neuer Musik mit Van Eyck auseinander. Bassblockflöten werden durch eine ausgefeilte Spieltechnik zu elektro-akustischen Klangerzeugern. Die dabei entstehenden Klänge erinnern an Glockentöne.

Texte von John Milton (1608 – 1674), der im Lauf seines Lebens erblindete, erweitern die Klänge um eine zusätzliche Dimension. Die Stimmkünstlerin Gina Mattiello verarbeitet die Texte in einer Sprachperformance. Aus dem Sonett „On His Blindness“ stammt der Titel: „they also serve who only stand and wait“ – ein starker Kontrast zum Tätigkeitsdrang einer auf Leistung ausgerichteten Gesellschaft.

Die in Wien lebende japanische Performancekünstlerin Yoshie Maruoka deutet die Körperlichkeit des Themas in einer reduzierten Formensprache und großer Intensität.

„That manner was mistaken for intelligence. Reckless and unforgiving.“

Superlooper:
Ludwig Bekic Mixerfeedbacks, Tonbandloops
Alexander J. Eberhard E-Bratsche
Florian Kmet Text, Gitarre, Stimme

Superlooper thematisieren in ihrer Arbeit die konstruktivistische Idee; also die Behauptung, dass Realität nur durch Wahrnehmung entsteht. Beim Improvisieren von Musik ist Superlooper bemüht, nicht die gute Antwort parat zu haben. Das hieße sonst, dass irgendwo festgehalten wurde, was das Gute genau ist und was es zu sein hat. Musik zu erzeugen, hieße dieses Gute zu reproduzieren. Aber Musik ist kein Revival des Guten. Musik wächst einzigartig zwischen Quelle, Ort, Zeit und Rezeption. Wiederherstellen einer Konstellation erzeugt unweigerlich anderes Hören anderer Musik. Beim Speichern von Musik scheitert man daran sie halt- und besitzbar zu machen. Wohin glaubt man, dass Musik geht, wenn man sie nicht gesammelt hat?

Ob in ihrer Performance „Filter“, bei der sich jeder Zuhörer aktiv zwischen zwei unterschiedlichen Musiken entscheiden muss, oder wie in der Arbeit „Forget it“, in der es Zuspielungen von Sprache und Audiotracks über ein paar im Raum hängende Kopfhörer gibt, die nur von einzelnen benutzt werden können — in jedem Fall ist es allen Beteiligten gleichermaßen unmöglich, ein- und dasselbe zu rezipieren. Auch bei ihrer Ende Jahres erscheinenden CD „Construct me“ geben Superlooper gezielt die Zügel aus der Hand und halsen dem Hörer die ungewöhnliche Verantwortung auf, die Aufnahmen des Trios zu Ende zu gestalten. In „Nine p.m.“ instrumentieren Superlooper mit ihren sich immer wieder neu konstruierenden Loops die Stimme Florian Kmets. Sein bis ins Unendliche gestreckter Text schafft Gedankengebäuden Raum. Wort für Wort. Mal Architekt. Mal Abrissbirne.