Stadt des Kindes – UTOPIE:FREIHEIT

Video-Triptychon 2005
3 videos, 46 min/ 23 min/ 23 min
Ilse ChlanElise Penzias

AKTUELLE AUSSTELLUNG:

Die Stadt des Kindes: Vom Scheitern einer Utopie

Architekturzentrum Wien im MQ, Museumsplatz 1, 1070 Wien

Di 17.04.2018 – Mo 28.05.2018
Täglich 10:00-19:00

Im Rahmen der Ausstellung im AzW wird die Videorecherche „utopie freiheit – privat“ von Ilse Chlan und Elise Penzias aus dem Jahr 2005 gezeigt. Diese Arbeit ist aus eop heraus entstanden. Zwischen Mai und Ende September 2005 haben die Autorinnen in dem damals schon seit drei Jahren geschlossenen Kinderheim des Architekten Anton Schweighofer gefilmt. Bei Begehungen und Interviews gehen sie der Frage nach, was aus dem sozialpädagogisch revolutionären und großzügigen Konzept einer Architektur, die gesellschaftlich benachteiligten Kindern ein Aufwachsen in Geborgenheit und Freiheit ermöglichen sollte, geworden ist.

Heute haben diese Aufnahmen historischen Wert. Ein großer Teil der Bauten wurde ab 2008 abgerissen, der verbliebene Teil wurde in eine Wohnungshausanlage umgebaut. Auf den nach dem Abriss frei gewordenen Flächen sowie auch auf dem großen offenen Sportplatz wurden neue Wohnbauten errichtet.

https://www.azw.at/de/termin/die-stadt-des-kindes-vom-scheitern-einer-utopie/

 

VERGANGENES:

Montag, 7. November 2011 um 19.00 Uhr
Eröffnung der Ausstellung

REAL

F O T O G A L E R I E W I E N
Währinger Straße 59 / WUK,1090 Wien

Einleitende Worte: Petra Noll

Beteiligte KünstlerINnen:
ILSE CHLAN / ELISE PENZIAS (A), ROGER BALLEN (USA/SA), STEFAN FEINER (A), KARL-HEINZ KLOPF (A), REINER RIEDLER (A), EVA WÜRDINGER (A)

In der Ausstellung REAL werden künstlerische Positionen präsentiert, die sich „dokumentarisch“ mit dem Thema „Lebensraum“ auseinandersetzen. Im Zentrum stehen Personen und ihre Lebensbedingungen, ihr soziales Umfeld und Hintergrund sowie persönliche Wunschvorstellungen, Reflexionen und Utopien.

In den Arbeiten geht es um persönliche „Erinnerungs“-Räume wie das eigene Zuhause, sozial prekäre Orte, die auf gesellschaftliche Systeme und Phänomene schließen lassen, oder auch um inszenierte, virtuelle Wunschwelten. Die objektive Darstellung von Realität wird durch die modellhafte, abstrakte und fragmentarische Rekonstruktion der Lebensräume und den starken emotionalen Aspekt von Seiten der KünstlerInnen auf eine neue Ebene gehoben. Die suggestive Kraft von Räumen zeigt sich in fotografischen Neuinszenierungen und Rekonstruktionen der Realität.

Zur Arbeit von Ilse Chlan und Elise Penzias

Die Künstlerin Ilse Chlan (Wien) hat in Zusammenarbeit mit der Radiomacherin Elise Penzias (Wien) das 3-Kanal-Video utopie freiheit:privat (2005) über die in den 1970er-Jahren am Stadtrand von Wien von Architekt Anton Schweighofer gebaute „Stadt des Kindes“ realisiert. Dieses innovative, demokratische, in der Erziehung antiautoritär ausgerichtete und zur Umgebung hin offene Wohnmodell wurde 2002 geschlossen und in Folge zum größten Teil abgerissen: die Freiheit – eine Utopie? Der Ort fungiert als Projektionsfläche gesellschaftlicher Veränderungen. „Mit beschleunigtem Schritt“ wurden zwei Videos in zwei menschenleeren Häusern des ehemaligen Kinderheims gefilmt. Spuren der früheren BewohnerInnen werden hier flüchtig sichtbar. In einem weiteren Video kommen „mit verlangsamtem Blick“ ehemalige BewohnerInnen, SozialpädagogInnen und der Architekt zu Wort.

Ausstellungsdauer: 8. November bis 3. Dezember 2011
Di + Fr 14.00–19.00 Uhr, Mi + Do 12.00–19.00 Uhr,
Sa 10.00–14.00 Uhr,
an Feiertagen geschlossen

Wie das Video-Tryptichon entstand:

Die Germanistin und Bildende Künstlerin Ilse Chlan lernt bei eop die Kunsthistorikerin und ORF-Redakteurin Elise Penzias kennen und produziert mit ihrer Unterstützung eine Videoinstallation über die „Stadt des Kindes“ von Architekt Prof. Schweighofer als Dokumentation und wertschätzende wie kritische Auseinandersetzung, die zur Präsentation in der Ausstellung „UTOPIE:FREIHEIT“ in der Kunsthalle Exnergasse eingeladen wird.

Der Ort

Die „Stadt des Kindes“
Anlässlich des 50. Jahrestages der Republik Österreich beschloss die Stadt Wien im Jahr 1968 ein Kinderheim zu bauen, das neue Maßstäbe setzen sollte in der Betreuung von Kindern und Jugendlichen, die aus verschiedenen Gründen nicht bei ihren Familien aufwachsen können. Das Heim sollte keine Disziplinierungsanstalt für schwer erziehbare Kinder sein, sondern eine Einrichtung, in der Kinder aus schwierigen Familienverhältnissen die Chance bekommen sollten, in Freiheit die eigenen Fähigkeiten und Talente zu entwickeln.






Aus dem Wettbewerb ging der Entwurf des Architekten Anton Schweighofer als Siegerprojekt hervor. Seine Idee wurde als Versuch gesehen, die Utopie vom Aufwachsen in Freiheit („Utopie“ als den Nicht-Ort, das was es nirgends gibt) zum Ort und damit zu einer Heimat für Kinder zu machen.
Ein revolutionäres und großzügiges Konzept: Keine Schlafsäle, keine Mauern, keine Zäune, kein Portier, vielmehr eine zur Umgebung hin offene, durchlässige Anlage mit familienähnlichen Einheiten. Dazu gab es Einrichtungen, die auch den Bewohnern der Umgebung offen standen, ein Schwimmbad, ein Café, eine Töpferei, ein Theater, einen Ballettsaal, einen Kleintierzoo samt Voliere, eine Bibliothek, einen Turnsaal und Sportplätze. All das wurde über 30 Jahre von den Anrainern in Hadersdorf-Weidlingau ebenso genutzt. Die Stadt des Kindes wollte sich einfügen in die demokratische Gesellschaft: Sicherheit und Durchlässigkeit zugleich gewähren, Geborgenheit und Offenheit, Erziehung in einer Gemeinschaft und Freiheit.

Im Jahr 2002 wurde das Heim geschlossen. Heute werden die Kinder in kleineren, dezentralen Einheiten, in Wohngemeinschaften betreut. Die Anlage, die baulich immer noch in einem guten Zustand ist, steht leer. Die heute überall angebrachten „Betreten verboten“ – Schilder stehen im krassen Gegensatz zur ursprünglichen Idee.

Im Gedankenjahr 2005 wurde die Stadt des Kindes verkauft. Die ursprünglichen Wohneinheiten sollen zu Eigentumswohnungen umgebaut werden. Was ist aus der Utopie von gestern geworden?

Die Zeit

Zwei Geschwindigkeiten: mit beschleunigtem Schritt werden die Räume durchmessen, mit verlangsamtem Blick den Spuren, den Geschichten nachgegangen.

Mit beschleunigtem Schritt:
Eine Begehung von zwei miteinander verbundenen Wohnhäusern, wo jeweils zehn Kinder und Jugendliche in familienähnlichen Wohngemeinschaften lebten. Alle Räume werden abgeschritten und damit körperlich ausgemessen. Spuren der früheren Bewohner werden flüchtig sichtbar. Daraus ergibt sich eine ganz eigene Perspektive auf die Räume, die die Zeitlichkeit mit einbezieht.

Mit verlangsamtem Blick:
Ansichten, Wohnräume, Gemeinschaftsräume, die Spielstraße.
Ehemalige BewohnerInnen und SozialpädagogInnen erzählen über ihr Leben und ihre Arbeit in der Stadt des Kindes, Anrainer über ihre Besuche in der Stadt. Der Architekt Anton Schweighofer spricht über die Rolle der Architektur für das Leben, die Entwicklungsmöglichkeiten der Menschen, die in dieser Architektur leben, über Freiheit und Reglementierung.
Der Ort wird dabei zur Projektionsfläche für gesellschaftliche Veränderungen. Und er enthält Geschichten, Erinnerungen, die ihm buchstäblich an die Wände geschrieben wurden.

http://utopie-freiheit.at/teilnahme/#C3118_A3148