Konzert „Fama“, 9. Okt. 2009

Am 9. Oktober nahmen fünf Musikschaffende – und zwar musikalisch und „spielerisch“ – zu diesem Thema Stellung. In diesem Konzert mit dem Titel „Fama“ (Gerücht) präsentierte im ersten Teil der Salzburger Komponist Werner Raditschnig zwei zum Veranstaltungsthema entstandene Kompositionen. Den zweiten Teil bestritt das vierköpfige Ensemble Quadrat.sch aus Wien bzw. Tirol.

Was kann Musik zu diesem Thema beitragen? Anhand von zwei Extremen in der Musik, dem Geräusch und der Stille, lässt sich ein solcher musikalischer Zugang zum Themenbündel „Privat-Öffentlich-Gerücht“ zeigen. Die Stille findet sich als Theorie schon in alten indischen Texten wieder, und zwar als Qualität der nicht angeschlagenen Saite, als ihr Potential. Das Private ist hier die nicht-schwingende Saite, ihre potentielle Energie und damit die der MusikerInnen, – das Anschlagen der Saite ist die Veröffentlichung des vorher nur gedachten bzw. möglichen Tons (sowohl Raditschnig als auch Quadrat.sch spielten ausschließlich auf Saiteninstrumenten). Das Private in diesem Sinn ist das Potential des Öffentlichen. Das Geräusch hingegen ist so etwas wie das Gerücht, unscharf, offen, vieldeutig, undefinierbar. Es ist ein Element, das in jedem Dialog – auch die Musik ist im besten Fall eine dialogische Kommunikationsform – zum aktiven und kreativen Umgang mit Information auffordert bzw. zwingt.

Werner Raditschnig

Stimme, Elektropolychorde, Live Elektronik, Zuspielungen.

Werner Raditschnigs Aufführung bestand aus zwei Teilen und spielte damit zwischen privat und öffentlich. „Das Gerücht musikalisch zu definieren ist ja fast unmöglich. Man ist immer on oder off. Entstehen kann es nur durch Fehlleitung.“



In seinem Performance-Dyptichon „private tape“ „public tape“ forderte Werner Raditschnig (Stimme, Gitarre, Elektropolychord, Live-Elektronik, Zuspielungen) das Publikum zur kreativen Anteilnahme heraus.

In „privat tape“, dem ersten Stück des Abends, stellte er zunächst eine private Situation dar, in der er sich in die Textwelt des Schriftstellers, Musikers und Bildenden Künstlers Reinhold Aumaier hineinbegibt und diese mit elektronischen Mitteln dekonstruiert. Zusätzlich blitzen Textfragmente von Peter Waterhouse in diesem Textgewitter, das auch theatralisch wirkungsvoll inszeniert war. Für Raditschnig sind diese zerschnipselten Wortfetzen das Gerücht: „Das Gerücht musikalisch zu definieren ist ja fast unmöglich. Man ist immer on oder off. Entstehen kann es nur durch Fehlleitung.“ Das Gerücht also als musikalischer Parameter jenseits von laut und leise, hoch und tief, ein und aus.




Im zweiten Teil präsentierte Raditschnig mit „public tape“ die Situation des in der Öffentlichkeit agierenden Künstlers. Die Gerüchteküche des ersten Teils wurde durch die klangmagischen Aktionen Raditschnigs im zweiten Teil als quasi Botschaft ad absurdum geführt.




Ensemble Quadrat.sch:

Barbara Romen, Hackbrett, Christof Dienz, Zither, Alexandra Dienz, Kontrabass, Gunter Schneider, Kontragitarre

Die Stubenmusikbesetzung des Ensemble Quadrat.sch verleitet zum Bild des Familientisches, also des Privaten, auch des elektronisch Unverstärkten, des Intimen.


Barbara Romen, Hackbrett, Christof Dienz, Zither, Alexandra Dienz, Kontrabass, Gunter Schneider, Kontragitarre denken und spielen über das erwartet Heimelige hinaus und bewegen sich ebenso wie Raditschnig – nur mit ganz anderen Mitteln – im Spannungsfeld von privat und öffentlich.




Die subtilen Klangpotentiale ihrer traditionellen Saiteninstrumente ausnutzend, war diese intensive Kammermusik mit improvisierten und fein ausgehorchten Klängen und Geräuschen immer an der Grenze zwischen privater, ganz einfacher Freude am Musizieren und hochprofessioneller und komplexer Kunstmusikproduktion. Stilistisch auf „öffentlichkeitswirksamen“ Elementen wie etwa Lateinamerikanischer Musik und des Jazz bauend, war es dann doch etwas ganz anderes, eigenwilliges, privates.

Das Bild der „Fama“, des Gerüchts, ist für sie offen nach allen Seiten: Gerüchte – oft negativ konnotiert, macht man sie doch für Kriege und Weltwirtschaftskrisen verantwortlich – können positiv betrachtet ungeahnte Zusammenhänge, Verbindungen herstellen, Ahnungen, Assoziationen wecken, wie von weit her gewehte Düfte. Im Sprachspiel haben die Gerüchte ihr “t“ verloren, sind „luft von anderem planeten“ geworden, wie Arnold Schönberg schon mit Stefan George meinte.

Moderation des Konzerts und Text: Wolfgang Seierl, einklang records.

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