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Helga Köcher

Zum medialen Charakter der Open Space-Reihe von eop

Die Open Space-Reihe, die eop veranstaltet, ist ein kollaboratives und experimentelles Projekt, das neue Wege im Bereich der Kommunikationsstrategien beschreitet, um Kunst, Wissenschaft und Institutionen miteinander zu verschränken.

Sie tritt zunächst als ein begleitendes Vermittlungsprogramm auf, das zum jeweiligen gesamten Themenkomplex einen tiefer gehenden Diskurs mit den verschiedensten interessierten Zielgruppen in Gang setzt. Das ist jedoch nur der vordergründige Aspekt dieses Konzepts. eop, ein transdisziplinäres Netz, das sich selbst als Labor zur Bildung horizontaler Strukturen zwischen KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen definiert, schafft sich mit diesem Format Anlassfälle, um in einem themenspezifischen Feld das Zusammenspiel der verschiedensten medialen Kommunikationsformen zu erproben.

Die Stratifizierung der Gesellschaft ist ein Resultat der Freiheit. Aber um den Zusammenhalt dieser Gesellschaft und ihre Funktionen zu gewährleisen, ist die Bildung von Netzwerken nötig. Sie garantieren auch in der Phase von ökonomischen und sozialen Transformationsprozessen die Etablierung offener Kulturstrukturen und bieten neue Möglichkeit von Kunst- und Kommunikationsformen.

In den elektronischen Netzwerken von KünstlerInnen und PraktikerInnen von partizipativen Projekten kommt die Interaktion von digitaler Technologie und sozialer Logik zum Tragen, – die sogenannte digitale Anordnung. In ihr formt die soziale Logik die Technologie und wird gleichzeitig durch sie geformt. Sozialforscherinnen wie Saskia Sassen, mit der eop in Kontakt steht, haben sich mit der Untersuchung der transformativen Kapazitäten beschäftigt, die dieser Technologie innewohnen, aber auch mit den Grenzen, die durch die soziale Logik gesetzt werden. Eop geht im Bemühen um die Wiedergewinnung des Wirklichkeitsbezugs genau dieser Fragestellung nach. Die Erfahrungen aus der bisherigen Untersuchung von eop, welche Rolle in einem Netz die virtuelle Kommunikation spielt und welche die reale, haben zur Erkenntnis geführt, dass gegenwärtig erst das Zusammenwirken beider zum Aufbau von kooperativen Beziehungen führt.

Diese Erkenntnis überträgt eop auf das noch heterogenere Feld der TeilnehmerInnen am Open Space, die gleichsam als Stakeholder des jeweiligen Themas betrachtet werden. Das Sample der TeilnehmerInnen kann als soziale Skulptur unter Bedingungen der digitalen Gesellschaft bezeichnet werden, denn es setzt sich nicht nur aus einem oder mehreren Adressverteilern zusammen, sondern generiert sich aus einem Zusammenwirken der verschiedensten E-Mail-Netze und der digitalen Kommunikation.

Die Arbeit des Open Space endet keineswegs mit der konkreten Veranstaltung, in der die TeilnehmerInnen das Thema bearbeiten und so ihr Erfahrungs- und Phantasiefeld ausweiten und miteinander austauschen. Es folgt eine weitere Vernetzung der Nodes durch Interventionen von eop und Zuschalten zu neuen medialen Kommunikationsnetzen. Durch das Zusammenspiel von interaktiven Websites, Webplattformen, Internet-Foren, E-Mail-Listen, persönlichem E-Mail-Kontakt, partizipatorischen Kunstevents und direktem Austausch wird der Aufbau von themenzentrierten Informationsstrukturen erreicht. Aus diesen multidimensionalen Impulsen und Erfahrungen entwickeln sich konkrete Projekte. Es kommt zur Ausbildung von Hubs, die wieder eine weitere Verdichtung des Netzes evozieren. Die Logik und formale Ästhetik dieser Prozesse hat übrigens Parallelen zu ästhetischen Formen anderer Kunstbereiche – zb Loops.

Ein Großteil der Netzkunst beschäftigt sich mit diskursiver Interaktion erster Ordnung – also der Ermöglichung von Kontakt und Kommunikation als solcher. eop versteht jedoch diese besondere Art eines Open Space-Formats als Kunst zweiter Ordnung im Verständnis von Heinz von Foerster. Es geht eop um nachhaltige Wirkung als Antwort auf Fragestellungen und Impulse, um Motivation, Aktivierung, Verständigung auf einer Meta-Ebene, und das ist nur durch den Aufbau einer „Landschaft multimedialer Portale“ möglich, in der verschiedene Medien interagieren und durch reale Kommunikation ergänzt werden. Ein noch so gutes einheitliches mediales Format kann das nicht leisten. Zur Erzeugung der nötigen Offenheit und Lernbereitschaft ist es notwendig, jeweils auf die in unterschiedlichen Entwicklungsphasen angeeigneten medialen Kommunikationsformen zurückzugreifen und sie rhizomartig zu koppeln. Nur so kann der Transfer von Erfahrungen und Inhalten in ein von anderen Kompetenzen und partieller Kulturen geprägtes Bewusstseinsfeld gelingen.

eop begreift den gemischt real-virtuellen Charakter von Netzwerken als offenen multidimensionalen Raum der Koexistenz von Sichtbarem und Unsichtbarem, als Nebeneinander von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft – eben im Sinne nachhaltiger Kulturarbeit und zur Stärkung der Rolle von KünstlerInnen und WissenschaftlerInnen und ihrer Übernahme von Verantwortung in der gesellschaftlichen Entwicklung.

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